The effects of dietary fatty acids on the fatty acid composition of the harpacticoid copepod. Tisbe sp., for use as a live food for marine fish larvae

Die Wirkung von Fettsäuren aus Nahrung auf die Fettsäure-Zusammensetzung des harpacticoiden Copepoden Tisbe sp. und die Anwendung als Lebendfutter für marine Fischlarven


 

Wer hat publiziert?

 

Dominic A. Nanton und John D. Castell von der Abteilung Fischerei und Ozeane und biologische Wissenschaften an der Universität Halifax, Kanada

 

Wann und wo wurde veröffentlicht?

 

Die wissenschaftliche Arbeit wurde bereits 1998 in der Fachzeitschrift „Aquaculture“ veröffentlicht.

 

Was ist das Thema der Publikation?

 

Die Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob und wie verschiedene Arten von Zooplankton, im Fall der Studie speziell der benthische (am Boden lebende) Copepode der Gattung Tisbe, langkettige Omega-3-Fettsäuren selbst aus kurzkettigen Fettsäuren synthetisieren können und was dies für den Nutzen und die Anwendung in der Aquakultur bedeutet.

 

Zusammenfassung

 

Der marine Copepode Tisbe sp.* wurde aus natürlichem Zooplankton in der Nähe von Halifax, Nova Scotia, isoliert und im Labor über mindestens 20 Generationen gezüchtet. An diesem Copepoden wurden dann der Effekt der Fütterung mit verschiedenen marinen Mikroalgen (Chaetoceros, Dunaliella und Isochrysis) und Bäckerhefe auf die Fettsäure-Zusammensetzung des Copepoden, und dessen Eignung als Lebendfutter für (Kaltwasser-) Fischlarven, untersucht.

Tisbe war in der Lage, signifikante Mengen essentieller, langkettiger Omega-3-Fettsäuren, wie EPA und DHA**, aus kurzkettigen Fettsäuren der defizitären Futterarten Dunaliella und Hefe zu synthetisieren. Zudem enthielt der Copepode auch bei defizitärer Nahrung ein konstant hohes Verhältnis von DHA zu EPA (>2).

------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------Anmerkungen des Übersetzers:

 

*Tisbe steht hierbei für die Gattung der Art, das „sp.“ bedeutet „Spezies“. In der Nomenklatur der Biologie bedeutet dies, dass die Art nur bis zur Ebene der Gattung beschrieben ist. Tigriopus californicus beschreibt also beispielsweise einen Ruderfußkrebs der Gatttung Tigriopus (zu der auch weitere Arten gehören) und die Art californicus.

 

**EPA: Eicosapentaensäure; DHA: Docosahexaensäure. Zwei essentielle Fettsäuren für eine gesunde Entwicklung von Fischlarven

 

Hintergrund

 

Das Hauptproblem für die Aufzucht von Fischlarven zahlreicher mariner Kaltwasser-Fischarten (und auch tropischen Zierfischen, Anmerkung des Übersetzers) ist nach wie vor die hohe Sterblichkeit die mit der ersten Futteraufnahme einhergeht. Dies liegt u.a. am mangelhaften Nährwert der Futterorganismen. Die Fischlarven benötigen i.d.R. Lebendfutter mit einer hohen Konzentration an langkettigen vielfach ungesättigten Fettsäuren wie den Omega-3-Fettsäuren, speziell die essentiellen Fettsäuren EPA (Eicosapentaensäure) und DHA (Docosahexaensäure). Darüber hinaus ist das Verhältnis von EPA zu DHA von Bedeutung. Diese Zusammenhänge sind u.a. am Steinbutt untersucht worden: eine Anreicherung von Rädertierchen mit EPA und DHA führte zu besseren Überlebens- und Wachstumsraten bei den Fischlarven. Eine Erhöhung des Verhältnisses von DHA zu EPA von 0,1 auf 0,5 verbesserte ebenso die Überlebensraten und Untersuchungen am Dottersack von wilden Fischlarven zeigten, dass das Verhältnis von DHA zu EPA sogar bei 2,0 lag (also doppelt so viel DHA wie EPA).

Eine weitere wichtige Fettsäure ist die Arachidonsäure (ARA), aus der sowohl EPA als auch DHA gebildet werden können. Der Gehalt dieser Fettsäure im Gewebe von Fischlarven ist jedoch deutlich geringer als die Konzentration der Omega-3-Fettsäuren, so dass hier bereits geringe Mengen ausreichen, um die Nahrungsbedürfnisse der Fischlarven zu stillen.

Die in der Fischlarven-Aufzucht häufig verwendeten Nauplien des Salinenkrebs (Artemia sp.) erscheinen, bezogen auf ihren Nährwert, als eine ungenügende Nahrung für marine Kaltwasser-Fischlarven (und ebenso für einige tropische Zierfische, Anmerkung des Übersetzers). Salinenkrebse enthalten kaum essentielle Fettsäuren und haben zudem sehr niedrige DHA zu EPA Konzentrationen, selbst wenn sie mit Nahrung angereichert wurden, die reich an DHA ist.

Im Gegensatz dazu besitzen marine Copepoden, die i.d.R. die natürliche Nahrung vieler Fischlarven darstellen, große Mengen der essentiellen Omega-3-Fettsäuren. Calanoide Copepoden scheinen nicht in der Lage zu sein, aus kurzkettigen Fettsäuren, wie der alpha-Linolensäure, langkettige Fettsäuren zu bilden. Trotz dem können sie hohe Konzentrationen an Omega-3-Fettsäuren aufweisen, die sie jedoch direkt aus ihrer Nahrung (Mikroalgen) beziehen. Steht keine geeignete, also reich an EPA und DHA, Nahrung zur Verfügung reduziert sich das Wachstum und die Eiproduktion (Vermehrung) dieser Gruppe von Copepoden.

Der harpacticoide Copepode Tisbe holothuriae hingegen kann aus der kürzeren alpha-Linolensäure die wichtigen langkettigen EPA und DHA bilden***. Im Gegensatz zu calanoiden Copepoden, wie Acartia tonsa, bricht die Vermehrung von Tisbe nicht ein, wenn die Nahrung wenig oder gar keine Omega-3-Fettsäuren enthält. Auch bei dem harpacticoidem Copepoden Tigriopus konnte in einer Studie gezeigt werden, dass dieser bei „schlechter“ Nahrung (Bäckerhefe) ebenfalls hohe Konzentrationen an essentiellen Fettsäuren aufwies (12 % DHA und 7 % EPA).

 

Die harpacticoiden Copepoden sind also in der Lage, auch aus schlechter Nahrung für Fischlarven essentielle Fettsäuren zu synthetisieren, was sie als alternatives Lebendfutter für die Aquakultur sehr interessant macht. Das bedeutet, dass auch bei, in Bezug auf essentielle Fettsäuren, defizitärer Nahrung, die Copepoden ein hochwertiges Fettsäureprofil besitzen bzw. diese Fettsäuren in ihrem Gewebe anreichern. Anmerkung des Übersetzers

 

 

***Alpha-Linolensäure (ALA) ist eine Omega-3-Fettsäure die in vielen Lebensmitteln, vor allem aber im Leinöl/Flachs (daher der Name) vorkommt. Sie besitzt aber nur 18 Kohlenstoffatome in der Kette (Lipidname 18:3 (ω−3)). EPA und DHA können aus der ALA gebildet werden, sind aber langkettiger, besitzen also mehr Kohlenstoffatome (EPA: 20:5 (ω−3); DHA 22:6 (ω−3)).

 

Harpacticoide Copepoden, wie Tisbe und Tigriopus, sind eine vielversprechende Quelle als alternative Lebendnahrung in der Aquakultur.

 

(1)    Sie tolerieren eine weite Spanne (Schwankungen) an Umweltfaktoren wie Salinität, Temperatur und Sauerstoffgehalt

(2)    Sie haben ein breites Nahrungsspektrum bzw. können sich zahlreiche Nahrungsquellen erschließen

(3)    Sie haben einen kurzen Lebenszyklus

(4)    Sich lassen sich schnell vermehren

(5)    Sie lassen sich (in geeigneten Systemen) in hohen Dichten kultivieren

 

Ein großer Nachteil von harpacticoiden Copepoden ist jedoch ihre benthische bzw. Oberflächen gebundene Lebensweise. Sie halten sich i.d.R. am Boden oder an den Scheiben auf, während die meisten Fischlarven ihre Beute im Freiwasser suchen.

 

Material & Methoden

 

Der Copepode der Gattung Tisbe wurde 1994 aus einer Planktonprobe aus einem Meeresarm bei Hallifax isoliert und im Labor weiter kultiviert. Die kleinen Krebse wurden in zylindrischen 6 L MacDonald Säulen aus Plexiglas gehalten. Die Salinität betrug 32 ppt, die Temperatur 20°C und es wurde vom Boden der Säulen mit Sprudelsteinen belüftet. Das Salzwasser wurde vor Verwendung gefiltert (10 µm) und mit UV behandelt. Wasserwechssel fand zweimal wöchentlich statt und es wurde mit Bäckerhefe oder Mikroalgen in einer Dosierung von ca. 1 mg Trockengewicht pro Liter Salswasser gefüttert. Für das Experiment wurden drei Algenarten kultiviert: Isochrysis galbana, Chaetoceros calcitrans und Dunaliella tertiolecta. Diese drei Algenarten wurden auf Grund ihres sehr unterschiedlichen Fettsäurespektrums ausgewählt: Isochrysis ist eine exzellente Quelle für DHA (26 %), Chaetoceros besitzt hohe Gehalte an EPA (34 %) und Dunaliella besitzt kaum EPA und DHA (0,1 bzw 0,3 %) dafür aber eine extrem hohe Konzentration an Linolensäure (45 %). Die verwendete Bäckerhefe weist ebenfalls nur Spuren von EPA (1,7 %) und DHA (1,8 %) und auch kaum Linolensäure (0,4 %), ist also in Bezug auf die Omega-3-Fettsäuren defizitär.

Für die Analysen der Fettsäuren wurden die Copepoden über ein 200 µm Sieb ausgesiebt (es wurden also nur große bzw. adulte Copepoden untersucht) und anschließend nochmal für 24 Stunden „ausgehungert“ um zu vermeiden, dass Fettsäuren aus im Darm befindlichen Mikroalgen die Analyse verfälschen.

 

Ergebnisse

 

Das Fettsäureprofil von Tisbe entsprach, bezogen auf die alpha-Linolensäure (ALA; 18:3) relativ dem Gehalt der Nahrung. Copepoden die mit Dunaliella gefüttert wurden wiesen die höchsten Konzentrationen dieser kurzen Omega-3-Fettsäure auf während die Copepoden, die mit den anderen Mikroalgen oder Hefe gefüttert wurden, sehr geringe Mengen von Linolensäure hatten. Allerdings waren die Konzentrationen absolut betrachtet signifikant niedriger als in der Ausgangsnahrung. Mit einem Gehalt von 4 % an ALA war der Effekt bei den Copepoden, die mit Dunaliella gefüttert wurden, am stärksten. Dunaliella wies eine Konzentration von 45 % dieser Fettsäure auf, das entspricht also einer Reduzierung um über 90 %.

Der Gehalt an DHA war, mit Ausnahme der mit Dunaliella gefütterten Versuchsreihe, in allen untersuchten Copepoden hoch. Die Copepoden, welche mit Isochrysis, Chaetoceros und Hefe gefüttert wurden wiesen über 20 % an DHA auf wohingegen die Gruppe, die mit der DHA armen Dunaliella gefüttert wurde, etwa 12 % DHA hatte. Eicosapentaensäure war ebenfalls in Mengen in allen Copepoden nachweisbar, und lag bei den mit Mikroalgen gefütterten Kulturen zwischen 6,2 und 8,3 %.  Tatsächlich fanden sich die signifikant höchsten Konzentrationen in den Copepoden, die lediglich mit Hefe gefüttert wurden: der Gehalt an DHA betrug hier 28,4 % und 12,4 % EPA (obwohl in der Hefe selbst diese Fettsäuren nur in Spuren vorhanden sind! Anmerkung des Übersetzers).

Auch das Verhältnis von DHA zu EPA, dass für den Nährwert der Copepoden für Fischlarven eine Bedeutung hat, hat sich im Vergleich zur Ausgangsnahrung signifikant verändert. Am stärksten war dieser Effekt bei der Alge Chaetoceros: in der Alge selbst beträgt das Verhältnis DHA:EPA 0,05. In den Copepoden, die mit Chaetoceros gefüttert wurden, lag das Verhältnis bei (sehr guten!) 2,6. In der Alge selbst lag die Konzentration an DHA lediglich bei 1,8 %, im Copepoden dann aber bei 21,4 %.

Auch in den anderen Versuchsreihen war das DHA zu EPA Verhältnis in den Copepoden mit 2,6 bis 3,3 sehr gut und signifikant verschieden zu den Ausgangsverhältnissen in der Nahrung.

 

Fazit

 

Salinenkrebse (Artemia) und Rädertierchen (Rotifera), die häufig in der Nachzucht mariner Fische eingesetzt werden, sind nicht in der Lage, aus kurzkettigen Fettsäuren langkettige, mehrfach-ungesättigte Fettsäuren, wie die wichtige EPA und DHA, zu bilden. Der hier untersuchte Copepode Tisbe hingegen ist in der Lage, diese essentiellen Fettsäuren in hohen Konzentrationen aus kurzkettigen Fettsäuren wie der alpha-Linolensäure (ALA) zu synthetisieren. Ähnliche Ergebnisse konnten auch aus Arbeiten mit dem harpacticoiden Copepoden Tigriopus sp. gewonnen werden.

 

Diese Gruppe von Copepoden verfügt offenbar über die nötigen Enzyme um langkettige Fettsäuren zu bilden. Auch das für die Fischlarven wichtige Verhältnis von DHA zu EPA war in allen getesteten Nahrungsquellen (verschiedenen Mikroalgen und Hefe) mit 2,6 bis 3,3 sehr gut. Die Autoren schränken die positiven Ergebnisse, die mit der alleinigen Fütterung mit Hefe erzielt wurden, jedoch etwas ein: zum einen war der Gesamt-Lipid Gehalt der Copepoden in diesem Versuch geringer als bei den Copepoden, die mit Mikroalgen gefüttert wurden, zum anderen kann nicht ausgeschlossen werden, dass die Copepoden sich von den Bakterien ernährt haben, die die Hefe zersetzt haben, und die Bakterien wiederum die Quelle der Omega-3-Fettsäuren waren. Gerade für die Gruppe der harpacticoiden Copepoden stellen Bakterien eine wichtige Nahrungsquelle dar, und Bakterien wiederum sind durchaus in der Lage, auch mehrfach ungesättigte Fettsäuren zu synthetisieren.

 

Die Autoren bewerten Tisbe sp. als vielversprechenden Kandidaten als lebende Erstnahrung bei der Aufzucht von Fischlarven und führen dies v.a. auf die Fähigkeit des Copepoden zurück, selbst essentielle Fettsäuren aus defizitärer Nahrung bilden zu können. Darüber hinaus zeigten die Copepoden ein hervorragendes Verhältnis von DHA zu EPA und können durch ihr weites Größenspektrum, 90 µm bei den Nauplien und bis zu 2 mm bei den adulten Weibchen (adulte Tisbe sind eigentlich nicht so groß; Anm. des Übersetzers) , in allen wichtigen Lebensstadien der Fischlarven eingesetzt werden.

 

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Quelle:

Dominic A Nanton, John D Castell,
The effects of dietary fatty acids on the fatty acid composition of the harpacticoid copepod, Tisbe sp., for use as a live food for marine fish larvae, Aquaculture, Volume 163, Issues 3–4,
1998, Pages 251-261, ISSN 0044-8486,
https://doi.org/10.1016/S0044-8486(98)00236-1.
(http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0044848698002361)
Abstract: The marine harpacticoid copepod Tisbe sp. was isolated from plankton collected near Halifax, Nova Scotia and raised in the laboratory for over 20 generations. The effects of feeding various algal (Chaetocerus calcitrans, Dunaliella tertiolecta, and Isochrysis galbana) and baker's yeast diets on the nutritional value, or essential fatty acid (EFA) composition, of the copepod for use as an alternative live food for cold-water marine finfish larvae was evaluated in this study. The copepod was able to synthesize a significant amount of the EFA's, 20:5n−3 (EPA) and 22:6n−3 (DHA) from shorter chain n−3 polyunsaturated fatty acids, when fed the algae D. tertiolecta (6.2% EPA, 12.4% DHA) or baker's yeast (12.4% EPA, 28.4% DHA) which are deficient in these EFA's. The copepod also maintained a consistently high DHA:EPA ratio (>2) when fed each of the dietary treatments.
Keywords: Copepods; Harpacticoids; Tisbe sp.; Diet; Fatty acids; DHA/EPA

 

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